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Wie sieht die Mädchen*arbeit im toj aus und warum ist sie (immer noch) so wichtig?  

Entstanden in den 80er Jahren aus der Tatsache, dass die Jugendarbeit fast nur auf Jungen* ausgerichtet ist, hat sich die Mädchen*arbeit mittlerweile zu einem professionellen, eigenständigen und politisch aktiven Handlungsfeld etabliert. Basierend auf den Grundprinzipen der offenen Jugendarbeit Offenheit, Freiwilligkeit und Partizipation setzt sich der Fachbereich Mädchen*arbeit des toj jeden Tag für die Anliegen und Bedürfnisse von Mädchen* und jungen Frauen* ein. Doch wie sieht die Mädchen*arbeit im toj aus und warum ist sie (immer noch) so wichtig?
 

Wie auch die Mädchen*arbeit an sich sind unsere Angebote sehr vielfältig und divers. Ein wichtiges Handlungsfeld sind genderspezifische Treffs, welche nur für Mädchen* und junge Frauen* zugänglich sind, wie der Modi*treff Punkt 12 in der Lorraine und das Modi*hus in Bern West. Diese Treffs bieten den Treffbesucherinnen* einen geschützten und offenen Raum, um ihre Individualität jenseits von den noch heute aktuellen Rollenbildern und Stereotypen zu entwickeln. Dabei ist die stabile und tragfähige Beziehungsarbeit zwischen den Jugendarbeiterinnen* und der Zielgruppe zentral, welche langfristige Begleitungen und Beratungen ermöglicht. Durch den intersektionalen Ansatz, welche die Überkreuzung von verschiedenen Ungleichheitskategorien wie z.B. Herkunft, sozioökonomische Zugehörigkeit und Gender darstellt, können die vielfältigen und individuellen Lebensrealitäten der Mädchen* und jungen Frauen* wahrgenommen werden.
 

Anderseits werden auch geschützte Diskussionsgruppen für Mädchen* und junge Frauen* zu spezifischen Themen und Herausforderungen innerhalb des toj angeboten. Beispielsweise startete eine autonome Austauschgruppe von Treffbesucherinnen* anfangs Jahr im Punkt 12, welche ein safer space für Themen rund um Heimat, Zugehörigkeit und Kultur bietet. Gerade für Mädchen* und junge Frauen* mit Migrationsvorsprung bieten solche Gefässe einen vertraulichen Rahmen, um in einen offenen und ehrlichen Austausch – abseits von heteronormativen Ansprüchen und kolonialen/exotisierenden Zuschreibungen – zu treten. Antworten auf diese Fragen sind prägend für zumindest die nächsten Lebensjahre und unter Umständen mit gewissen Schwierigkeiten gegenüber der Herkunftsfamilie und/oder dem Freundeskreis beladen.
 

Dass die Angebote der Modi*arbeit im toj sehr vielfältig sind, zeigt sich auch am Beispiel der Modi*-Infothek in Bern West, welche letztes Jahr stattfand. Die Modi*-Infothek war eine Anlaufstelle für alle Themen rund um Berufswahl, Bewerbungen, Aufgaben, Schule und Ausbildung. Dieser geschützte Raum für jegliche Anliegen war bei den Modis* sowie bei deren Eltern sehr beliebt und war auch immer äusserst gut besucht. Bei der Modi*-Infothek war das Thema Intersektionalität besonders bedeutsam. Modis* in Bern West sind durch jegliche Diskriminierungskategorien besonders betroffen: Die Überkreuzung von Geschlecht, Migrationsvorsprung, Religion sowie die Postleitzahl bringen in vielen Lebenssituationen besondere Herausforderungen mit sich. Beispielsweise existieren oft bei Bewerbungen aufgrund der Postleitzahl von Bern West und/oder das Kopftuchtragens Vorurteile bei potentiellen Arbeitgebern, welche Chancen auf eine Stelle verringern. In der Modi*-Infothek konnten Herausforderungen bearbeitet und eine Unterstützung in jeglichen Lebenslagen geleistet werden. Schliesslich konnten fundierte Beziehungen aufgebaut werden und eine grössere Mobilität der Modis* ist jetzt feststellbar. Die Besucherinnen* des Angebots eigneten sich ihren Raum an, bewegen sich nun auch ausserhalb ihres eigenen Quartiers und besuchen vermehrt verschiedene Angebote der Jugendarbeit im ganzen Stadtteil.
 

Diese Angebote und Projekte zeigen nur einen kleinen Ausschnitt der vielfältigen Modi*angebote des toj. Die Angebote, deren Relevanz sowie deren Wirkung zeigen, dass die Modi*arbeit immer noch, wenn nicht sogar wichtiger und relevanter ist als eh und je. Dabei gehören nebst den Angeboten und Projekten auch die Sensibilisierung der Öffentlichkeit dazu, wobei der Fachbereich Mädchen*arbeit dies mit Unterricht an Fachhochschulen, Publikation von Fachartikeln, Sichtbarmachung von Mädchen*anliegen sowie die Förderung von Geschlechtervielfalt und den intersektionalen Ansatz vorantreibt. Dabei geht es nicht nur um die Anliegen von einzelnen Mädchen*, sondern um eine Verankerung von machtkritischem Umgang mit Themen im Bereich Intersektionalität und Geschlechtervielfalt in der gesamten Offenen Jugendarbeit.

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